ZEUGNISSE DER VORZEIT

  nach Dr.Josef Fritz Kastner
 

        Die Geschichte einer Siedlung beginnt mit dem Zeitpunkt, da der Mensch ihren Boden betritt. Das war in unserem Fall mit höchster Wahrscheinlichkeit der Mammutjäger der letzten (4.) Eiszeit. Der Lößhang bot vorzügliche Gelegenheit, die überraschten Tiere über die steile Geländestufe zum Absturz zu bringen oder einer Fallgrube zuzutreiben, wo sie durch Steinwürfe, Speerstiche und Feuerbrand getötet wurden.
       Mit allmählicher Temperaturzunahme hatten sich die Gletscher des Inlandeises nach Norden zurückgezogen, waren Mammut und wollhaariges Nashorn ausgestorben, Eisfuchs, Schneehase, Lemming, Vielfraß, Ren und Moschusochse nordwärts abgewandert. Zuerst hielten Kiefer und Birke, dann Hasel, Linde, Eiche, Ulme und Erle ihren Einzug, später gab es Tannen, Rotbuchen und Fichten. Hirsche und Wildschweine waren das wichtigste Wild des mittelzeitlichen Jägers, Pfeil und Bogen seine Hauptwaffe.
       Das Leben der Jäger, Fischer und Sammler war in der Mittelsteinzeit hart: Von 65 untersuchten Skeletten stammte nur eines von einem Menschen über 60 Jahre. Jeder einzelne war vom Nahrungserwerb derart in Anspruch genommen, daß Sonderbegabungen, deren Leistungen dem Kulturfortschritt gedient hätten, sich nicht auswirken konnten.

      Seßhaftes Bauerntum mit Ackerbau und Viehzucht, wie es in unserem Raume mit der Jungsteinzeit in Erscheinung trat, kam - mit etlichen Kulturpflanzen, aus Vorderasien. Das Leben vollzog sich nun im Rhythmus der Jahreszeiten mit Feldbestellung, Aussaat und Ernte. Die Bestellung des Ackers erfolgte mit einer quergestellten durchlochten Steinhacke. Vor Unbilden der Witterung schützte die Behausung, deren Pfosten durch Flechtwerk verbunden waren. Die Wände trugen Lehmbewurf.
       In der Vollen Jungsteinzeit (von 5000 bis gegen 2000 v. Chr.) gab es bei uns drei Weizen- und drei Gerstenarten, Roggen, Rispenhirse, Linse, Erbse, Pferdebohne. Diese Nahrung wurde ergänzt durch Jagd und Fischerei, durch das Sammeln eßbarer Muscheln und Schnecken und durch die Ernte wildwachsender Früchte, wie "Dirndln", Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Hagebutten und Holunder. Haustiere waren Rind, Ziege, Schaf, Schwein und der gezähmte Haushund. Eine Errungenschaft der Volljungsteinzeit ist die freihändig geformte Topfware, mit eingekerbten Spiralen oder Mäandern verziert.
       Im nächsten Abschnitt, in dem der bemalten Keramik, wanderten Angehörige eines neuen Volkes, zweifellos aus dem Mittelmeergebiet, in geschlossener Masse ein. Auch sie waren Bauern.
       Gegen Ende des dritten Jahrtausends stießen wehrhafte Bauern von Südschweden, den dänischen Inseln und aus der norddeutschen Tiefebene in den Donauraum vor. Ihre Kultur war charakterisiert durch ausgezeichnete Bearbeitung des Feuersteins, einen eigenen Gefäßstil, der häufig die Form durch Ornamente betonte, die Erfindung des Pfluges und durch Großsteinbauten, die ein Teil von ihnen für die Toten errichtete. Daraus folgt, daß Indogermanen ihre Ahnen verehrten und beim gemeinsamen Mahle zur Wintersonnenwende mit ihnen vereint zu sein meinten.
       Die Auseinandersetzung der Nordleute mit der verhältnismäßig zahlreichen ansässigen Bevölkerung war friedlich. In der Spätjungsteinzeit, die nur die zweihundert Jahre von 2000 bis 1800 vor Beginn der Zeitrechnung umfaßt, ist auch ein Metall anzutreffen, nämlich Kupfer.
       Kupfererz wurde schon im 17. vorchristlichen Jahrhundert in diesem Raum in ansehnlicher Menge gewonnen. Mit etwa sechs Prozent Zinn, das der Gießer beim Schmelzprozeß beimengte, erzielte er die begehrte Bronzelegierung. Sie war hart, aber elastisch und gab feine Verzierungen deutlich wieder. Noch nie war so viel Schönheit in den Dingen des täglichen Lebens - in Gerät, Schmuck und Waffen - gewesen. Infolge der lebhaften Völkerbewegung der Fühbronzezeit herrschte eine gewisse Unruhe und Unsicherheit, die zum Vergraben der Metallgegenstände führte.
       In der Mittelbronzezeit war das Gefühl der Sicherheit zurückgekehrt. Geräte und Schmuck wurden nicht mehr versteckt und vergraben, sondern verwendet, getragen, gezeigt. Auf die Hügelgräberkultur der Mittleren Bronzezeit stieß im 13. Jahrhundert - augenscheinlich unvermittelt und rasch aus dem Norden kommend - eine Kultur, deren Träger ihre Toten ausschließlich einäscherten und die Asche in einer Urne beisetzten. Die Urnenfriedhöfe erreichen oft eine bedeutende Ausdehnung, daher der Name "Urnenfelderkultur".
       In der folgenden Epoche von 1000 bis 800 sind zwei Momente von größerer Bedeutung: Zunächst einmal, daß um 900 v. Chr. das Eisen in Mitteleuropa bekannt und hundert Jahre später verarbeitet wurde. Weiterhin, daß auf Grund antiker šberlieferung, historischer Zusammenhänge und auch sprachgesetzlich die Urnenfelderleute als Illyrer (ein Zweig der großen indogermanischen Völkerfamilie) erkannt wurden. Illyrisch ist auch der Name für das Eisen: "isarnon", unter welcher Bezeichnung es Kelten und Germanen kennenlernten.
      In der Hallstattzeit waren Ackerbau und Viehzucht Hauptgrundlage des wirtschaftlichen Lebens. Jetzt wurde auch Hafer gebaut und ein großes weithörniges Rind gezüchtet. Friede und Wohlstand bewirkten ein Anwachsen der Bevölkerung. Sippen schlossen sich zu größeren Verbänden zusammen, zu Stämmen und Gauen, an deren Spitze ein Häuptling oder Fürst stand. Nach ihrem Tode wurden ihnen riesige Hügelgräber, die "Leberberge" errichtet, die in der Regel ein Blockhaus, das "Totenhaus", mit Beigaben enthielten. Der Boden hat zahlreiche Kultgegenstände ergeben. Es wurde ein Metallformen nachgebildetes Trinkhorn ergraben, das bei Opfern und feierlichen Anlässen Verwendung fand. Seltsame Tongebilde sind die sogenannten "Mondidole". Es soll sich dabei um Abbilder von Stammesheiligtümern handeln, die aus Holz geschnitzt oder aus Flechtwerk hergestellt waren und auf deren Spitzen bei der Opferhandlung die Häupter der Opfertiere, meist von Stieren, gesteckt wurden.
      Die vier Jahrhunderte vor Beginn unserer Zeitrechnung werden charakterisiert durch den Einbruch der Kelten und den völligen šbergang zur Eisenverarbeitung. 387 v. Chr. eroberten die keltischen Gallier Rom. Um diese Zeit drangen Kelten auch, von Ostfrankreich und vom Mittelrhein kommend, ins offene Donauland ein. Wie ein römischer Schriftsteller berichtet, schonten sie bei der Unterwerfung eines Landes nicht einmal das Kind im Mutterleibe, wenn ihre Priester einen Knaben prophezeiten.
      Aus dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert haben wir Kunde von einem keltischen Königreich Noricum, das vom Inn bis zur Leitha reichte und mit dem die Römer, denen es Salz, Kupfer, Gold, Blei und Eisen lieferte, ein Bündnis schlossen.
     Als 60 v. Chr. Germanen in Böhmen einwanderten, verließ der Keltenstamm das Land und wandte sich, bekannten Handelswegen folgend, zu seinen Brüdern in die Westslowakei, deren Silberstandard er übernahm. Hauptmünzort wurde Preßburg, wo nun Silbermünzen mit dem Bilde der keltischen Prägeherren geschlagen wurden. Die Landesgöttin Noricums, Noreia, wurde auch in diesem Raum verehrt. Die keltische Göttin Sirona, deren Kult an Quellen stattfand, ist aus späterer Zeit durch einen römischen Militärspitals in Vindobona bezeugt.
 

1. Was bedeuten die Begriffe? Ziehe die zusammengehörenden Aussagen zusammen!


 1. Zeitalter                                                      a) Zeitspanne, eine bestimmte Zeit
 2. Epoche                                                       b) Zeit einer Formation der Geschichte
 3. Periode                                                       c) größerer historischer Zeitraum
 4. Zeitabschnitt                                               d) Amtszeit
 5. Ära                                                             e) historischer Wendepunkt
 
 
 

2. Welches Wort ist hier gemeint?


Art der Einteilung der Jahre:                              ____________________________________________________
Übersicht über die wichtigsten Ereignisse
in der Reihenfolge ihres Ablaufs:                        ____________________________________________________
Beginn der christlichen Zeitrechnung,
das Jahr von Christi Geburt:                              ____________________________________________________

Anschauliche Darstellung einer Epoche:             ____________________________________________________
Ein Zeitalter charakterisierende
geistige Haltung:                                               ____________________________________________________
 
 

3. Was ist der Unterschied? Erkläre die Bedeutung der Wörter!
 Vorwelt              :                  Vorzeit
 Vorwelt              :                  Nachwelt
 vorweltlich          :                  vorzeitlich
 vorzeitlich           :                  vorzeitig
 Urzeit                 :                  Urwelt
 Urahn(e)             :                  Urvorfahr
 Vorfahr               :                  Vorläufer
 Nachkomme       :                  Nachkömmling
 Nachwuchs         :                  Nachzügler
 Abkömmling        :                 Nachfahr
 
 
4. Welche Verben fehlen?
Rasch ________ die Zahl der Siedlungen _____. Da die Bauern gesichert sein wollten, __________________ sie 

beherrschende Höhen. Für die Herstellung von Kleingerät wurde noch immer der Hornstein _____________________, 

und sein häufiges Vorkommen im Jurakalk erlaubte, nicht nur den Eigenbedarf zu ___________________________, 

sondern damit auch Handel zu ___________________________. Im Untertagbau wurden insgesamt 1300 Tonnen 


für Klingen, Schaber, Kratzer, Bohrer und Pfeilspitzen brauchbare Hornsteinstücke _________________________.
 
 
5. Wie werden die folgenden Verben gebraucht? Sag mit ihnen Beispielsätze!


 treiben - zutreiben,   kommen - vorkommen,
 an jn. kommen - herankommen,  schließen - s. entschließen
 sichern - versichern   decken - entdecken
 als etw. dienen - verdienen  kennen - als etw. erkennen
 fassen - umfassen    leiten - ableiten
 stecken - verstecken   s. wenden - verwenden
 
 
 

6. Wie folgen die Zeiten der menschlichen Geschichte? Trage die richtige Reihenfolge in die Tabelle ein!
1) Altertum ...
2) Eisenzeit ...
3) Bronzezeit ...
4) Volle Jungsteinzeit ...
5) Mittelsteinzeit ...
6) Späte Jungsteinzeit ...
7) Eiszeit ...
8) Neuzeit ...
9) Mittelalter ...
7. Kennst du diese Gegenstände? Benenne sie!