In der methodisch-didaktischen[1]
Fachliteratur wird über Literatur verhältnismäßig wenig gesprochen, und
noch weniger über Literatur im Fremdsprachenunterricht. Manche Forscher[2]
behandeln sie einfach unter Leseverstehen oder Landeskunde. In den Lehrwerken
(egal ob sie in Deutschland oder in Ungarn herausgegeben wurden) scheint
sie auch vernachlässigt zu werden. Mit dem Hervorrücken reformpädagogischer
Richtungen ("learning by doing" usw.) gab es auch keine großen
Änderungen[3].
Die neulich oft erwähnte Textsortenvielfalt bedeutet in erster Linie auch
nur Sach- und Informations- und keine Erlebnistexte. Und obwohl
in den Medien explizite Aussagen gegen die Literatur in der Schule
nur selten erscheinen[4],
hat eine große Anzahl unserer Kollegen ausgesprochene Befürchtungen und
Ängste vor der Behandlung literarischer Texte.
Ich bin der
Überzeugung, daß Literatur an und für sich wichtig ist und daß literarische
Texte auch zu dem Erwerb der Fremdsprache etwas Wichtiges beitragen.
Es ist aber nicht zu übersehen, daß die Öffentlichkeit keine literarische
Kompetenz, kein literarisches Lesen und Schreiben im Fremdsprachenunterricht
anerkennen will. (Sogar bisher vorhandene Anforderungen werden reduziert,
siehe DSD.) Als wäre Literatur auf literarische Texte beschränkt, die als
Sprechablaß, grammatisches Übungsfeld, Illustration oder Träger von landeskundlichen
Informationen gebraucht werden können.
Meine These
lautet also folgender Weise: Literatur ist ein fester Bestandteil des Fremdsprachenunterrichts,
die nicht nur nützlich, sondern auch notwendig ist und deshalb nicht
nur zufällig in meistens nach thematischen oder grammatischen Bedenken
ausgewählten Einzelstücken gebraucht, sondern auch ständig vorhanden sein
und systematisch bearbeitet werden
soll.
Mit meiner
Arbeit möchte ich erreichen, daß sich Kollege, die bisher mit Literatur
willkürlich oder unsicher umgingen, (weil sie eventuell selbstschlechte
Erfahrungen aus der Schulzeit mitbringen), angereizt fühlen, über ihr Verhalten
nachzudenken und die angedeuteten neuen Verfahren auszuprobieren. Mit dem
Bericht über moderne wissenschaftliche Methoden und zahlreiche Unterrichtsbeispiele
möchte ich ihnen dazu eine Unterstützung geben.
Die Grundfragen,
die in meiner Arbeit eine ausführliche und begründete Antwort bekommen
müssen, beziehen sich teilweise auf Literatur und literarische Texte, teilweise
auf pragmatische Aspekte:
1. Was verstehen
wir unter Literatur bzw. Literaturunterricht und literarischer Kompetenz?
2. Gibt es
einen Unterschied zwischen mutter- und fremdsprachlicher Literaturdidaktik?
3. Was spricht
für und gegen Literatur im Fremdsprachenunterricht?
4. Sind die
Meinungen von Fachleuten, LehrerInnen und SchülerInnen in Einklang zu bringen?
5. Was sind
die Gründe, warum sich Fremdsprachenlehrer nicht gern mit Literatur beschäftigen?
6. Worin unterscheiden
sich literarische und nichtliterarische Texte?
7. Wie
k ann Literatur in einen kommunikativen, lernerorientierten FU integriert
werden?
8. Welche
Methoden der Literaturarbeit stehen uns zur Verfügung?
9. Welche
literarischen Texte eignen sich für die schulische Behandlung?
10. Wo können
wir entsprechende Materialien für unseren Unterricht finden?
Um das angestrebte
Ziel erreichen zu können, werde ich die oben gestellten Fragen theoretisch
auf der Basis der Kommunikationslehre d.h. des Untersuchungsmodells von
Aley und Fischer[5]
bzw. mit der Hilfe von Modellen literarischer Rezeption bearbeiten.
Was das methodische
Vorgehen betrifft, brauche ich eine Vielfalt an Vorgangsweisen von den
üblichen Literaturstudien bis zur Auswertung eigener Untersuchungen, die
nicht nur in meinen Klassen, sondern auch von anderen Lehrern (in Kontrollgruppen)
durchgeführt werden müssen. Ich konnte leider überhaupt keine wissenschaftlich
anerkannten Untersuchungs- und Messungsmodelle finden, die mir bei der
Arbeit behilflich sein könnten. Es gibt nämlich kaum empirische Untersuchungen
auf dem Gebiet, wie es auch vom Literaturverzeichnis festzustellen ist.
So bin ich größtenteils auf meine eigenen Umfragen und auszuarbeitenden
Messungskriterien (bzw. auf die Unterstützung und Mitwirkung meiner Kollegen)
angewiesen. Die Zusammenstellung der Fragebogen und Aufgabenlisten nimmt
aber viel Zeit in Anspruch, deshalb scheint es vernünftig zu sein, für
die Durchführung der Untersuchung keinen Termin vor Ende April festzulegen.
Von meinen
bisherigen Aufsätzen könnten allerdings vier[6]
(wenn auch nur zum Teil) in die Diplomarbeit adaptiert werden, was die
Arbeit sicher beschleunigen kann. Die wichtigsten Werke der Fachliteratur
in Deutsch, Ungarisch und Englisch stehen mir teilweise auch schon zur
Verfügung. Wegen meiner schulischen Beschäftigungen kann ich aber mit der
eigentlichen Arbeit sicher nicht vor den Sommerferien anfangen, und deshalb
plane ich die Ausarbeitungsphase auf Juli und die Abschlußphase auf die
erste Hälfte von August.
Das Material,
das mir derzeit zur Verfügung steht, kann folgenderweise strukturiert werden:
1.
Literatur und zeitgemäßes Lernen?
1.1. Was und
wie müssen Schüler heute lernen?
1.2. Gibt es
einen Unterschied zwischen muttersprachlichem und fremdsprachlichem Unterricht?
1.3. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten in der Fremdsprache sind erforderlich?
1.4. Ist Literatur
im Fremdsprachenunterricht vernachlässigt?
1.5. Warum
Literatur?
1.5.1. Das
interkulturelle Konzept
1.5.2. Literatur
im schülerorientierten kommunikativen Fremdsprachenunterricht pro und contra
1.5.3. Helmut
Hofmanns 18 Thesen (Plädoyer für eine Integrierung literarischer Texte
in den FU[9])
1.5.4. Vergleich
von Lehrwerken
1.5.5. Fragebogen
an Lehrer und an Schüler mit Auswertung
2.
Wie kann Literatur in einer Fremdsprache unterrichtet werden?
2.1. Welche
wissenschaftlichen Auffassungen haben Wirkung auf Literaturbetrachtung
im FU?
2.1.1. Die
Rezeptionsästhetische Annäherung (Modelle literarischer Rezeption)
2.1.2. Die
hermeneutische Annäherung (Umfeld und Deutungsverfahren)
2.1.3. Die
kommunikative Annäherung (Sprechablaß: Auseinandersetzung)
Kreative Kommunikationsintention (Aley - Fischer)
2.1.4. Die
handlungsorientierte Annäherung (Kreativer Umgang mit dem literarischen
Text)
2.2.Wie
sieht die Schulwirklichkeit aus?
2.2.1.Integration(Literarische Texte nicht einzeln wegen ihrem Inhalt als Sprechablaß lesen, sondern einen Prozeß aufbauen, um den SchülerInnen zu ermöglichen, eine fremde Kultur/Weltauffassung kennenzulernen und sich selbst am höchsten sprachlichen Niveau ausdrücken zu können)
Versuche und
Untersuchungen mit Schülern
2.2.2. Kommunikation
und Hermeneutik
2.2.3. Kommunikation
und Rezeption
2.2.4. Operativ-kreativer
Umgang kombiniert mit emotionalem und technischem Verständnis
3.
Was kann als Literatur unterrichtet werden?
3.1. Welche
schulischen Rahmen und Zielsetzungen bestimmen die Literaturbehandlung?
3.1.1. Deutsch
als 2. Fremdsprache (Anfänger)
3.1.2. Deutsch
als 1. Fremdsprache (Fortgeschrittene)
3.1.3. Deutscher
Zug bzw. Minderheitenschulen
3.2. Was sind
die Hauptkriterien der Textauswahl
3.2.1. Fremdsprachliche
Kompetenz
3.2.2. Intellektuelle
und emotionale Reife
3.2.3. Weltwissen
(fächerübergreifende Kenntnisse)
4.
Welche literarischen Textsorten sind am Gymnasium rezeptiv und produktiv
zu unterrichten?
4.1. Lyrik
4.2. Epik
4.3. Drama
5.
Wie sind literarische Werke zubehandeln?
5.1. Was heißt
literarisches Lesen?
5.1.1. Lesen
ist gelenktes Schaffen. (Sartre) ---- Der Leser antwortet. (M. Walser)
5.1.2. Ist
das Lesen von mutter- und fremdsprachlichen literarischen Werken unterschiedlich?
5.1.3. Welche
Präferenzen haben unsere Schüler?(Lesebedürfnisse=Exigenzen)
5.1.4. Die
Theorie von Schenda: Die Leser suchen Bekanntes ... (S.158 in: Text+Dialog)
5.1.5. Interaktionen
im Prozeß literarischen Lesens
5.1.6. Hillmanns
Phasen des Literaturunterrichts (S.171 in: Text+Dialog)
5.2. Stufen
des Verstehens (Verhältnis von Aussageabsicht des Autors und Sinn des Textes)
5.2.1. Vorverständnis,
ein erstes Verständnis und ein objektiviertes Verständnis (vielfältiger
Wechselbezug von Inhalt und Form)
5.2.2. Leerstellen
5.2.3. Weisen
des Verstehens: sprachlich, stukturell,
inhaltlich; psychologisch, soziologisch, politisch, historisch, anthropologisch
usw.
5.3. Arbeitsformen
mit Unterrichtsbeispielen - Phasen der Textarbeit
5.3.1. Präsentation
5.3.2. Interpretation
5.3.3. Bewerten
5.4. Literatur
als Leseerlebnis
5.4.1. Literatur
als Einstieg und Ausstieg
5.4.2. Szenische
Interpretation
5.4.3. Systematische
Besprechung literarischer Werke
5.5. Ganzschrifte
und Literaturgeschichte
5.6. Schularbeit
und Hausarbeit
6.Können
SchülerInnen literarische Werke schaffen?
Kreatives Schreiben:
Verhältnis von Schreibenkönnen und Sprechfähigkeit (Siehe Bohn)
7.
Wie können literarische Kompetenzen gemessen und benotet werden?
Helfen kann
nur ein standardisiertes Verfahren, das in der Lage ist, literarisches
Umgehen nicht nur nachvollziehbar, zuverlässig und
valide zu messen, sondern auch effizient zu erfassen. Und das ist mein
größtes Problem, weil wer kennt ein solches?
G a b r i e l l a F r a n k
Verzeichnis
der vorhandenen Fachliteratur:
Aley, Peter/Fischer,
Helmut: Deutsch. Information - Kommunikation. Texte und Analysen. Essen:
Verlag W. Girardet 1977
Bausch, Karl-Richard
u.a. (Hg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Francke 1991
Bohn, Rainer:
Das Schreiben im Ensemble der sprachlichen Tätigkeiten. Anmerkungen zur
lernpsychologischen Bedeutsamkeit schriftlichen Sprachgebrauchs im Fremdsprachenunterricht.
In: Heid, Manfred (Hg.): Die Rolle des Schreibens im Unterricht Deutsch
als Fremdsprache. München: Iudicium Verlag (S.51-62) 1989
Böttcher, Ingrid/Wagner,
Monika: Kreative Texte bearbeiten. Praxis Deutsch 9, 1993. (S.24-27)
Edelhoff,
Christoph (Hg.): Authentische Texte im Deutschunterricht. Einführung und
Unterrichtsmodelle. München: Max Hueber Verlag 1985
Ehlers, Swantje:
Literarische Texte lesen lernen. München: Klett 1992
Feld-Knapp,
Ilona: Literaturdidaktische Modelle für den Sprachunterricht. Jahrbuch
der ungarischen Germanistik. DAAD-GUG 1996
Fricke, H./Zymner,
R.: Einübung in die Literaturwissenschaft (2. Aufl.), Paderborn 1993
Goethe-Institut
(Hg.): Werkheft Literatur. Uwe Timm. 1988, Martin Walser. 1989, Gerhard
Köpf. 1989, Christof Stählin. 1989, München: Iudicium Verlag
Goethe-Institut
(Hg.): Literatur im fremdsprachlichen Deutschunterricht. München 1986
Goethe-Institut
(Hg.): Literarische Texte in der Unterrichtspraxis.I.
SeminarberichtII. Eine Beispielsammlung
von Diethelm KaminskiIII. Übungsformen.
München 1984
Häussermann,
Ulrich: Pro und contra Literatur im Unterricht Deutsch als Fremdsprache.
In: Literarische Texte in der Unterrichtspraxis. München: Goethe-Institut
1984
Helmling,
Brigitte/Wackwitz, Gustav: Literatur im Deutschunterricht am Beispiel von
narrativen Texten. München: Goethe-Institut 1986
Herrmann,
Karin: Warum Literatur im Unterricht "Deutsch als Fremdsprache"
im Ausland. In: Literarische Texte in der Unterrichtspraxis.München:
Goethe-Institut 1984
Hillmann,
Heinz: Rezeption - empirisch. In: Dehn, Wilhelm (Hg.): Ästhetische Erfahrung
und literarisches Lernen. Frankfurt am Main: Fischer Athenäum 1974 (S.
219-237)
Hog, Martin
u.a.: Sichtwechsel. Elf Kapitel zur Sprachsensibilisierung. Stuttgart:
Klett 1987 (S.62)
Hunfeld, Hans:
Literatur als Sprachlehre. Berlin-München: Langenscheidt 1990
Kast, Bernd:
Jugendliteratur im kommunikativen Deutschunterricht. München: Langenscheidt
1985
Krechel, Rüdiger
u.a.: Fernstudieneinheit 3. Landeskunde und Literaturdidaktik. München:
Langenscheidt Verlag KG. 1991
Krusche, Dietrich:
Aufschluss. Kurze deutsche Prosa im Unterricht Deutsch als Fremdsprache.Bonn:
Inter Nationes 1987
Marti, Kurt:
Umgangsformen. In: Krusche, Dietrich-Krechel, Rüdiger: Anspiel. Konkrete
Poesie im Unterricht Deutsch als Fremdsprache (5. Aufl.) Bonn: Inter Nationes
1991 (S.16)
Meckling,
Ingeborg.: Fragespiele mit Literatur. Übungen im produktiven Umgang mit
Texten. Frankfurt am Main: Diesterweg 1985
Mummert, Ingrid:
Kommunikativer Literaturunterricht in der Fremdsprache. Hamburg 1983
Nemcsicsné
Molnár Gyöngyi: Literarische Texte im Deutschunterricht. Diplomamunka.
1997
Pawlu, Erich:
Literaturkritik. Studientexte für die Kollegstufe. München: Oldenbourg
1980
Pielow, W.:
Das Gedicht im Unterricht. Wirkungen, Chancen, Zugänge. München 1978
Pommerin,
Gabriele u.a.: Kreatives Schreiben. Handbuch für den deutschen und interkulturellen
Sprachunterricht in den Klassen 1-10. Weinheim-Basel: Beltz 1996
Schreiter,
Ina: Schreiben unterstützt das Lernen, kreatives Schreiben das autonome
Lernen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht, 1998
Schröder,
Konrad/Weller, Franz-Rudolf (Hg.): Literatur im Fremdsprachenunterricht.
1977, Frankfurt am Main1977 (S.
62-74)
Spinner, Kaspar
H.: Kreatives Schreiben. Praxis Deutsch 119, 1993 (S.17-23)
Spinner, Kaspar:
Vorschläge für einen kreativen Literaturunterricht. Frankfurt am Main:
Diesterweg 1990
Staiger, Emil:
Die Kunst der Interpretation. dtv Wissenschaftliche Reihe. (4. Aufl.) München:
dtv 1977
Thijssen,
Martin: Vorschläge für einen mehr schülerorientierten Literaturunterricht
im Fach Deutsch als Fremdsprache. In: Literatur im fremdsprachlichen Deutschunterricht.
Materialien zur Lehrerfortbildung. Goethe-Institut 1986
Werr, Christoph:
Literatur zum Anfassen. München: Max Hueber Verlag 1987